Manuelle Lymphdrainage: hilfreich bei zahlreichen Erkrankungen

 

ANATOMIE- HINTERGRUND - WIRKUNG - BEDEUTUNG FÜR DAS PFERD

 

Lymphdrainage wirkt durch mechanische Einwirkungen eines Lymphdrainagetherapeutens, ähnlich einer Massage, auf das Lymphsystem. Das Lymphsystem ist dem Blutkreislauf parallel geschaltet, beginnt jedoch freiliegend im Gewebe und mündet abschließend herznah in das Blutsystem. Die Lymphdrainage wirkt entstauend und trägt dazu bei, dass Schlackenstoffe und Abfallprodukte besser abtransportiert werden. Gleichzeitig hat sie eine beruhigende Wirkung auf das Pferd.

 

Beginn des Kreislaufes:

Das Blutsystem befördert das Blut durch den gesamten Körper bis in die feinen Kapillare. Hier erfolgt durch die semipermeable (= halbdurchlässige) Membran der Blutgefäßwände der Sauerstoff- und Nährstoffaustausch in das Gewebe bzw. in die Zelle. Auch Wasser- und Eiweißmoleküle können durch die durchlässige Barriere austreten. Jedoch gibt es für die Moleküle keinen gänzlichen Weg zurück in die Blutbahn. Verbleiben diese Moleküle dauerhaft im Gewebe würde dieses demzufolge kontinuierlich anschwellen mit resultierenden Verhärtungen, wenn das Lymphgefäßsystem nicht existieren und hier greifen würde.

 

So bildet sich die Lymphe. Dieses ist eine hellgelbe Flüssigkeit, bestehend aus Eiweißen, Abfall- und Entzündungsprodukten sowie Schlackenstoffen, Hormonen, Gewebswasser etc. und bildet sich demzufolge teilweise schon im Gewebe selber.

 

Die Hauptaufgabe des Lymphsystems ist die Lymphe zurück in den Blutkreislauf zu befördern, damit es nicht im Gewebe verbleibt. Auf diesem Weg werden verschiedene Stationen bzw. Strukturen passiert. Zwar wird die Hauptmenge der Lymphe auch über die Venen zurück in das Blut aufgenommen und abtransportiert, doch die restlichen, im Gewebe verbleibenden Stoffe finden den Weg über das Lymphsystem zurück in den Blutkreislauf.

 

Das Lymphgefäßsystem ist, wie bereits genannt, dem Blutkreislauf parallel geschaltet. Es gliedert sich in unterschiedliche Abschnitte. Das Gefäßsystem beginnt mit den “initialen Lymphgefäßen” frei endend im Gewebe. Unterteilt werden diese in die “Lymphkapillare”, die mit ihren “interendothelialen Öffnungen” für den Einstrom der Gewebeflüssigkeit sorgen und anschließend in die “Präkollektoren” übergehen, welche die Lymphe weiterleiten. Danach gehen sie in die stetig anwachsenden “Lymphkollektoren” über. Die Lymphkollektoren sammeln die Lymphe aus einem definierten Gebiet. Auf dem Weg zum “Venenwinkel”, wo der Anschluss wiederum in das Blutsystem erfolgt, werden die jeweiligen Lymphknoten passiert.  Diese stellen eine Art Filter- bzw. Kontrollstation dar. Die Lymphe wird hier auf Krankheitserreger und Fremdstoffe kontrolliert und ggf. werden weitere Abwehrzellen hinzugefügt. Die größten Lymphgefäße, die die Lymphe in den Venenwinkel leiten, werden als ”Lymphgefäßstämme” bezeichnet.

 

Im Gegensatz zum Menschen, bei dem sich das Lymphsystem individuellen Leistungen anpasst, arbeitet es beim Pferd immer gleich. Es kann seine Leistung nicht steuern, um Ruhe- oder Arbeitsphasen auszugleichen. Pferde haben aber wiederum den Vorteil, dass ihre feste Haut im Bereich der Extremitäten wie ein natürlicher Kompressionsstrumpf wirkt.

 

Auch aus Sicht der Lymphgefäße ist eine kontinuierliche Bewegung der Pferde unerlässlich, wie sie z.B. im Offenstall gegeben ist. Viele Pferde leiden unter “angelaufenen Beinen”, was eine häufige Auswirkung falscher Haltung ist. Die Ursache liegt in der oben beschriebenen Funktionsweise des Lymphsystems und weist zudem auf eine vorliegende Schwäche dieses System hin. Bei den “angelaufenen Beinen” handelt es sich vorwiegend um eine ödematöse Schwellung der Hintergliedmaßen durch eine mangelnde Bewegungsmöglichkeit der Tiere. Das bedeutet, dass besonders häufig Pferde in Boxenhaltung betroffen sind. Sobald diese aus der Box kommen und Bewegung erhalten, ob nun im Training oder freien Auslauf, verschwindet diese Schwellung vorübergehend bis zur nächsten stundenlangen Einstallung. Pferde sind nicht dazu geboren, den größten Teil ihres Lebens in der Box zu stehen. Der Körper ist für eine fortdauernde Bewegung ausgelegt.

 

In der manuellen Lymphdrainage ist die genaue Kenntnis über die anatomischen Grundlagen des Lymphgefäßsystems einschließlich der sogenannten “Wasserscheiden”, welche die Hautgebiete in Territorien einteilen, sowie die korrekte Durchführung der Grundgriffe besonders wichtig, damit sie ihre volle Wirkung entfalten kann.

 

Die Druckstärke, der Druckverlauf und die Geschwindigkeit werden unter Beobachtung der Reaktion des Pferdes individuell angepasst  und einwandfrei angewandt.

 

Durch die Grifftechniken der Lymphdrainage wird die Kontraktion der Lymphgefäßabschnitte gesteigert und die Lymphe wird besser abtransportiert. Nachfolgend entsteht ein Unterdruck mit Sogwirkung in den Lymphgefäßen, welche den Flüssigkeitseinstrom in die “interendothelialen Öffnungen” intensiviert.

 

Begonnen wird grundsätzlich mit der “zentralen Vorbehandlung”, die sich in drei Vorgehensweisen unterteilt. So werden erst einmal die größeren Lymphgefäße entleert, bevor sich dann den kleineren Gefäßen gewidmet wird. Zu vergleichen ist dieses mit einem Stau auf der Autobahn. Auch hier muss erst einmal am vorderen Stauende begonnen werden, damit sich dieser auflösen und die Nachfolgenden aufschließen können. Bei dem Versuch die Autoschlangen am Ende oder in der Mitte zu entzerren, würde man trostlos scheitern.

Das bedeutet in Bezug auf die manuelle Lymphdrainage beim Pferd, dass auch z.B bei angelaufenen Beinen oder Sehnenverletzungen der Hintergliedmaßen, trotzdem vorne am Bug-Lymphknoten unter dem Schulterblatt begonnen wird.

 

Indikationen:

 

  • angelaufene Beine, Gallen, chronische Phlegmone (Elefantenbein)
  • Erkrankungen und Verletzungen von Sehnen und Muskeln
  • Lumbago, Kreuzverschlag
  • Hufrehe
  • postoperative Ödeme/Wundheilung
  • Petechialfieber

 

Wann darf eine Lypmhdrainage nicht durchgeführt werden?

 

  • Herzinsuffizienz
  • Akute Entzündung durch pathogene Keime z.B. Bakterien
  • Tumore
  • Schilddrüsenüberfunktion